Freitag, 10. Juli 2020

2020 - das Bradburyjahr

ay Bradbury ist am 22.8.1920 geboren. Es ist ein Zufall, daß ich ihn ausgerechnet hundert Jahre später für mich entdeckt habe. Angefangen hat mein Interesse für ihn eigentlich mit der Geschichte Die vergessene Marsstadt, die zugegebenermaßen etwas verwirrend ist, jedoch durch seinen bemerkenswerten Schreibstil auffällt. Hanna Bautze, die diese Geschichte für eines ihrer Bücher auswählte,  prägt mich also immer noch, nicht nur in meiner Jugendzeit. Bradbury war ein Allrounder, SciFi, Fantasy, Horror oder banales aus dem Alltag konnte er entsprechend umsetzen, oft verschwimmen seine Geschichten und zeigen alle verschiedenen Genreelemente. Er bewog mich deswegen dazu, keine eigene Buchregalrubrik "SciFi" zu machen. Alle SciFi-Anthologien ordne ich entsprechend der Verlagszugehörigkeit in meine beiden großen Regale  für Horror, Grusel und Phantastik ein. 
Im Moment lese ich Geh nicht zu Fuß durch stille Straßen, eine Sammlung mit 22 Kurzgeschichten aus den 1940ern und 1950ern, erschienen 1980 bei Heyne. Das Umschlagbild ist von Karel Thole.
Der Vermerk im Buch "Ungekürzte Neuausgabe" ist ein Hohn, denn das entsprechende Original The golden apples of the sun weist mehr Geschichten auf. Überhaupt, über den Inhalt ist nichts auszusetzen, aber ich empfinde diese Ausgabe von Heyne lieblos aufgemacht. Kein Vorwort, keine weiteren Angaben zu den Geschichten, die ohne  abschließende Zwischenseite in einem durchgehen. 
Der Klappentext auf der Rückseite ist auch sehr knapp gehalten, mit einem Foto des Autors und einem Zitat Günter Zehms aus  Welt der Literatur:
"Von seinen Erzählungen her gesehen, ist der Schriftsteller Ray Bradbury nur noch mit Edgar Allan Poe zu vergleichen ... Mit ihnen hat Bradbury ein Terrain gewonnen, auf dem er nicht mehr einer unter vielen, sondern der absolute Meister ist. Meister einer Literaturgattung, der die Gegenwart gehört und wahrscheinlich auch die Zukunft."

 Er war vielseitig und schrieb schnörkellos, sein Stil war aber auch variantenreich wie seine Thematik und dieser angepaßt. Bradbury konnte  aus banalen Alltagsgeschichten interessantes herausmeißeln, wie etwa in "Die große Welt da drüben", in der eine Analphabetin Besuch von ihrem des Lesens und Schreibens fähigen Neffen bekommt (durch ihn bekommt sie endlich Briefe und einen Briefkasten) oder "Das Kraftwerk", worin ein Paar Schutz vor einem langen Sarkregen in einem Stromumpsannwerk findet (Die Frau reist in ihrer Vorstellung als Teil des Stroms durch die USA).
Wenn ich jetzt weiter Bradburys Erzählungen sammle, dann halte ich mich an den Diogenes-Verlag, dessen Ausgabe Lange nach Mitternacht mir von der Gestaltung her viel besser gefällt. 


Als ich die beiden Fotos zum Buch machte, habe ich schnell noch meine Lina "mitgenommen", die auf ihrem Kratzbaum döste.