Dienstag, 7. Januar 2020

Zwei Welten mit unterschiedlichen Schicksalen

or einiger Zeit las ich zwei Bücher nebeneinander, deren Inhalt nicht unterschiedlicher sein konnte, denn zum einen erinnerten sich junge Mädchen und jugen Frauen an erlebnisse während des Hitlerregimes.  in den Jahren 1939 bis 1945. einschneidend waren die Erfahrungen der Zeit des Mangels, der Vertreibung und Flucht sowie den Tätigkeiten  in Rüstungsbetrieben, Schaffnerin oder als Flakhelferin.36 Seniorinnen erinnern im Taschenbuch Frauen an der Heimatfront 1939 - 1945 des Zeitgutverlages, Band 26, mit ihren Erzählungen an eine Zeit, in der im Grunde auch das deutsche Volk , das zu den "Ariern" gezählt wurde, zur Geisel, aber auch zum Mittäter  des NS-Regimes wurde. Es ist verdammt schwer, hier eine Grenze ziehen zu können. Der vielfach beklagte Verlust an Sachwerten und Bauwerken wird unerheblich, wenn man gleichzeitig  von den Schicksalen verschleppter Zwangsarbeiter oder dem Dasein in Konzentrationslagern liest. Die Welt der Seniorinnen, die ein verhältnismäßig geregeltes und gesichertes Leben in Deutschland der 1930er und 1940er führen konnten, unterschied sich völlig von denjenigen, die den Nationalsozialisten unbequem oder lebensunwert erschienen.

Reiner Engelmann faßte in seinem Buch Wir haben das KZ überlebt - Zeitzeugen berichten die Schilderungen von zehn Überlebenden zusammen, die darüber selbst Biographien schrieben. Die Berichte bieten ein vielfältiges Bild in jeden Bereich der Unterdrückung und willkürlichen Mordens der SS. 
Was z. B. Esther Bejarano bewog, ab 1979 über ihr Leben zu berichten, wiederholt sich tatsächlich  erneut. Hier gebe ich ihre erfahrugnen wieder:

Auf die Frage, wann und warum sie sich dafür entschieden habe, öffentlich über ihre Erfahrungen zu sprechen, berichtete Esther von einem Schlüsselerlebnis: An einem Tag des Jahres 1979 arbeitete sie in Hamburg in ihrer kleinen Boutique in Eimsbüttel und bekam mit, dass vor ihrem Laden ein Informationsstand der NPD aufgebaut worden war. Vornehmlich junge Leute protestierten dagegen, wurden aber von der Polizei verhaftet. Im Gespräch mit einem Polizisten sagte man ihr, es habe in Russland ebenfalls Konzentrationslager gegeben und sie solle gefälligst nach Hause gehen, sonst werde sie auch verhaftet. Esther erwiderte, das könne die Polizei gerne machen, sie habe Auschwitz überlebt, worauf sich ein Mann der NPD in das Gespräch einschaltete und zu dem Polizisten sagte, er solle diese Frau doch verhaften, aus dem KZ Auschwitz kämen nur Kriminelle.

Nach diesem Erlebnis entschied sich Esther Bejarano, etwas gegen den Neonazismus und das Vergessen zu unternehmen und trat der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten" bei. Sie führt bis heute Zeitzeugengespräche, um jüngere Menschen über die historischen Verbrechen der Nationalsozialisten und die aktuellen Verbrechen der Neonazis aufzuklären, schreibt Bücher über ihr Leben und pflegt auch mit 91 Jahren noch ihre Liebe zur Musik. So tritt sie in einem Gemeinschaftsprojekt mit der Kölner Rap-Band Microphone Mafia auf, das, wie sie betont, drei Generationen und drei Religionen verbindet, um Musik zu machen, die ein klares Statement gegen rechts setzt.
Text: Nicolas Weidenbörner


Weiterhin sind im Buch vertreten:

Edward Paczkowski: „Wir sind alle Menschen! Wir wollen leben!“
Erna de Vries: „Ich wollte noch einmal die Sonne sehen.“
Josef Königsberg: „Erinnerung ohne Hass.“
Philomena Franz: „Wenn wir hassen, verlieren wir. Wenn wir lieben, werden wir reich.“
Heinz Hesdörffer: „Ich rede, damit ihr wisst, wie es damals war!“
Karol Tendera: „Wir Slawen haben keinen Hass in uns.“
Eva Mozes Kor: „Ich habe den Nazis vergeben.“
Tadeusz Sobolewicz: „Vergebung, Versöhnung ist wichtig! Aber wir dürfen nicht vergessen!“
Max Mannheimer: “ Versöhnung als Stärke.“


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